Der Gasthof zur Sonne in Eiken

Gasthofs zur Sonne

Die Geschichte des Gasthofs zur Sonne in Kürze

  • Im Jahr 1493 wird die Herberge in Eiken dem Gotteshaus in Eiken als Jahrzeit vermacht. Mit grosser Wahrscheinlichkeit bezieht sich diese Schenkung auf den Vorgängerbau der „Sonne“, der vermutlich am gleichen Ort stand wie die heutige „Sonne“.
  • Vermutete Entstehungszeit des Kernbaus des heutigen Gebäudes in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts.
  • 1563 erstmalige urkundliche Erwähnung der „Sonne“ als Herberge am jetzigen Standort, im Eigentum des Damenstifts Säckingen.
  • Treppenturm später angebaut, d.h. im frühen 17. Jahrhundert, möglicherweise in Zusammenhang mit dem Übergang der Herberge in private Hände oder dem Dorfbrand von 1609.
  • 1824 Verlegung des Eingangs von der Landstrasse auf die Seite der Kirche und klassizistische Neugestaltung der kirchenseitigen Fassade.
  • Scheune jünger als das Haupthaus (18. Jahrhundert), damals wahrscheinlich nach Brand neu errichtet.
  • Dachstuhl des Haupthauses aus dem 18. Jahrhundert.

Die „Sonne“ im 16. Jahrhundert

Der Gasthof zur Sonne dürfte in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts errichtet worden sein, also in den Jahren zwischen 1500 und 1550, damals noch ohne Treppenturm. Ein genaues Datum fehlt; weder gibt es am Haus eine Jahrzahl noch liess sich bis jetzt Archivmaterial mit Hinweisen auf die Entstehungszeit finden. Die Merkmale der am Gasthof noch vorhandenen spätgotischen Fenstergewände liessen uns jedoch auf diese Zeit schliessen (siehe Text weiter unten). Ein auch äusserlich sehr ähnlicher Gasthof mit spätgotischen Fenstergewänden steht in Bözen (Gasthof Bären) und trägt die Jahrzahl 1517.

Die früheste bisher bekannte schriftliche Erwähnung der Herberge zur Sonne stammt aus dem Jahr 1563. In einem Berein des Stifts Säckingen mit Datum vom 4. September 1563 (StAAG AA 7753) steht folgender Text (Transkription von Fridolin Jehle):

Item ein herberg zu Eückhen im dorff
an der Landstraass, mit allem begriff, rechten
und Zugehört, gegen der Kilchen über
gelegen, und zur Sonnen genant, stost
hinden uf des Meÿerhoffs gueter

am Rand, später geschrieben, „ das würtshauss Caspar Dinkhel“

Dies ist die erste schriftliche Bestätigung dafür, dass sich die „Sonne“ schon damals am jetzigen Platz befand. Der Kernbau der „Sonne“ dürfte im Jahr 1563 also bereits bestanden haben. Wie oben erwähnt gehörte das Gasthaus zu jener Zeit dem Stift Säckingen. Letzteres hatte in Eiken nur Streubesitz. Es konnte sich bei der „Sonne“ also um kein grosses stiftisches Zentrum oder eine Domäne handeln.

Sehr eindrücklich sind die Grundmauern des Gasthofs, durchschnittlich rund einen Meter dick, auch das ein Zeichen für das Alter des Gebäudes. Man wird sich dieses Grundrisses beim Anblick der heutigen „Sonne“ überhaupt nicht gewahr. In der nachfolgenden Zeichnung ist der Haus-Querschnitt auf Fussbodenhöhe des Erdgeschosses dargestellt, da wir ja nicht wissen können, wo sich damals Türen und Fenster befunden haben.

Grundmauern Gasthof Sonne

Quelle: Umbaupläne von 1957; Gemeindearchiv, Baugesuche Stichwort „Notter“
Die Mauerdicken sind unterschiedlich: a=100, b= 85, c=92, d= 95 Zentimeter. Ob dies darauf hindeutet, dass ein Teil der Mauerreste von einem Vorgängerbau herrührt? Möglicherweise ist die Stirnfassade Richtung Landstrasse anders gebaut (vorwiegend aus Bollensteinen) als die Stirnfassade Seite Stall/Scheune (Bollensteine aussen, innen mit Losematerial).

Markant ist auch die Lage des Gasthofs, ebenfalls ein Zeichen für seine prominente Stellung innerhalb der Gemeinde. Er steht an der zentralen Kreuzung des Dorfs, die Kreuzung zwischen der grossen Landstrasse Rheinfelden-Frick und einer möglichen, auch sehr alten Querverbindung Laufenburg-Eiken-(Hohlwege)-Schupfart-Anwil-Schafmatt-Mittelland, an derselben Kreuzung, an welcher die Kirche steht (erstmals erwähnt im Jahr 1228) und wo genügend Wasser zur Verfügung stand (Dorfbach, Brunnen). Es liegt auf der Hand, dass dort schon sehr früh eine Herberge gestanden haben könnte. Zweitens fällt auf, dass die „Sonne“ unmittelbar vorne an der Landstrasse steht. Kein anderes Gebäude an der Landstrasse wagt sich soweit vor. Diese Tatsache ist wahrscheinlich so gewollt, hat zur Folge, dass man die „Sonne“ schon von weitem sieht, und erlaubte es seinen Bewohnern und Gästen, das Treiben auf der Strasse bequem aus der Stube zu beobachten. Drittens: Die Schrägstellung des Gebäudes erleichtert dieses Tun und rührt vermutlich ursprünglich von der nicht ganz rechtwinkligen Form der Kreuzung her.

Die „Sonne“ ist aus Stein gebaut, auch das ein Indiz für den repräsentativen Charakter des Gebäudes (wie auch die Kirche, das Pfarrhaus und der Zehntenstock).

Die grosse Stirnfassade Richtung Landstrasse hatte ursprünglich einen Treppengiebel. Spuren davon sind immer noch an der Innenseite der Fassade Richtung Frick sichtbar. Anlässlich der Anhebung des Dachstocks im Jahr 1824 (?) ist dieser wohl verschwunden. An derselben Fassade hat sich eine kleine Fläche des originalen Aussenputzes aus der Zeit vor 1600 erhalten:

Estrich des Anbaus

Wenn man mit der Hand über die beiden obigen, noch sichtbaren Flächen des originalen Aussenputzes streicht, kriegt man kalk-staubige Finger. Es dürfte sich um einen typischen Kalkputz mit nachträglichem (eventuell mehrfachem?) Kalkanstrich handeln (Ansicht von W. Fasolin vom 8.4.2014).

In massiven Gebäuden war der erste Stock normalerweise das Hauptgeschoss und in unserem Fall gleichzeitig die Gaststube, so wie es beispielsweise im Bären in Bözen noch heute der Fall ist. Ein Beweis dafür fehlt allerdings (z.B ein Anzeichen für eine Küche im ersten Stock). Es entzieht sich unserer Kenntnis, zu welchen Zwecken das Erdgeschoss genutzt wurde. Vermutlich diente es primär als Lokal für Kleinhandelsgeschäfte des Wirts (z.B. Kram, Salz, Vieh, Kerzen oder Wein). Praktisch jeder Wirt betrieb Kleinhandelsgeschäfte, einen sogenannten Mini-Markt (laut Fritz Glauser, in „Gastfreundschaft, Taverne und Gasthaus im Mittelalter“, Schriften des Historischen Kollegs, 1983, Seite 216). Es könnte teilweise aber auch für das angestammte Handwerk des Wirts (z.B. als Schmiede) oder als Lagerstätte für die Knechte gedient haben, wie im Bären in Bözen.

Robert Trachsel, der heutige Besitzer der „Sonne“ ist bei Renovierungsarbeiten an der Trennmauer zwischen Gasthof und Scheune (auf Seite Scheune) auf ausgedehnte und dicke Russschichten gestossen. Sie könnten ein Überbleibsel sein einer an der Aussenwand der „Sonne“ betriebenen Schmiede. Ein Protokoll des Stifts Rheinfelden vom 9.5.1594 (StAAG AA 7754) hält fest, dass „ … allhir in Hanss Bollens herberg öffentlich zum Recht gesessen …“ und das Laufenburger Urkundenbuch erwähnt im Jahr 1596 einen „Hans Boll, der Schmidt“. Also durchaus denkbar, dass Hans Boll gleichzeitig Wirt und Schmied war.

Das Grundstück, auf welchem die „Sonne“ steht, scheint ursprünglich viel grösser gewesen zu sein. Wenn man den Katasterplan von 1910 (Seite 22 dieser Schrift) etwas genauer studiert, springt eine mögliche grossräumige Grundstückgrenze ins Auge. Sie beginnt hinter dem Zehntenstock, führt in gerader Linie bergaufwärts und wendet dann in einem leicht geschwungenen Bogen zur Schupfarterstrasse hin. Gemäss dem Eintrag im Berein von 1563 „stost [die Herberge zur Sonnen] hinden uf des Meyerhoffs gueter“. Demnach wäre das Meyerhof-Gut (erwähnt 1478 in StAAG 7468) oberhalb des Grundstücks der „Sonne“ gelegen, also von der Schupfarterstrasse ostwärts. Das heutige Haus „zum Zehnten“ war offenbar nicht das Meyerhofgut und datiert erst von 1694.

Wahrscheinlich stand am heutigen Standort der „Sonne“ bereits ein Vorgängerbau. Im Moment lässt sich das aber nicht nachweisen. Auf jeden Fall scheint die „Sonne“ kein Bauernhaus gewesen zu sein. Die grosszügigen Stockwerkhöhen sprechen dagegen.

Allem Anschein nach ist der gewölbte Keller bereits beim Bau des Gebäudes (in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts) erbaut worden. Er bedeckt ziemlich genau die Hälfte der Fläche des Erdgeschosses, ist also sehr geräumig, geräumiger jedenfalls als das für eine Herberge und die Wirtsfamilie nötig wäre. Wurde er als (gewerblicher) Lagerraum verwendet (Wein, Salz, landwirtschaftliche Produkte)? Der gewölbte Keller hatte ursprünglich einen Naturboden. Auffällig ist auf der Stirnseite des Kellers Richtung Frick ein sehr sorgfältig gemauerter und verputzter Zugang zu einem Lüftungsfenster, welches aus der Anfangszeit des Kellers (Gebäudes) stammen dürfte. Es zeigt auch, dass das Gehniveau ausserhalb der „Sonne“ auf der Seite des Zehntenstocks ursprünglich viel tiefer gelegen haben muss, schätzungsweise um 60-70 cm.

Keller Gastof zur Sonne

Es kann vermutet werden, dass die „Sonne“ seit jeher zentrale Funktionen für den Dorfverband ausgeübt hat und auch häufigem Funktionswechsel unterworfen war. Prof. Beat Kümin schreibt im ViaStoria-Heft 2013/1 Seiten 22/23 unter dem Titel Essen und Trinken unterwegs: „Schon im 16. Jahrhundert kam im Durchschnitt ein Wirtsbetrieb auf 300-400 Einwohner. …. Galten sie [die Wirtshäuser] einst als Horte einer trink- und streitfreudigen Volkskultur, so sieht man sie heute als wichtige Kommunikations- und Dienstleistungszentren. Vielerorts dienten Tavernen als Gerichtsstätten, Versammlungsorte, Unterhaltungsstätten und Informationsbörsen, die neben ärmeren Schichten lokale Eliten und - etwa an Feiertagen, Tanzveranstaltungen und Hochzeiten - auch Frauen anzogen.“

Es ist davon auszugehen, dass neben dem Gasthaus noch eine Scheune stand, ob angebaut oder nicht bleibt dahingestellt, nach unserer Vermutung damals noch aus Holz gebaut. Das Vorhandensein von Stall und Scheune war Voraussetzung für den Betrieb einer Herberge. Gemäss Denkmalpflege stammt das heutige gemauerte „Scheunen“-Gebäude samt Dachgebälk aus dem 18. Jahrhundert, erbaut wahrscheinlich nach dem Brand des (hölzernen) Vorgängerbaus. Auch das Dachgebälk des Haupthauses ist jünger als der gemauerte Bau und dürfte laut Denkmalpflege ebenfalls aus dem 18. Jahrhundert stammen.

Im Gesamten war das 16. Jahrhundert eine friedliche Zeit.

Was war vor dem Bau des heutigen Gebäudes?

Wir vermuten, dass die heutige „Sonne“ in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, eventuell sogar kurz nach 1500 erbaut worden ist. Offen ist die Frage, was vorher war, denn schon im 15. Jahrhundert bestand in Eiken eine Herberge, wie aus einem Jahrzeitbuch der Pfarrei Eiken von 1493 hervorgeht (Pfarreiarchiv Eiken):

„Anna Fullerin hatt umb irer, ouch aller irer forderen und kinden sel heil willen ein jorzit und an dz gotzhuss ir huss und herberg zu Eitken…..“

Anna Fullerin hat also im Jahr 1493 ihr Haus und die Herberge zu Eiken an das Gotteshaus Eiken vermacht. Ein Namen für die Herberge wird nicht genannt. Wir dürfen aber annehmen, dass es damals die einzige Herberge in Eiken war, die als Vorläuferin der 1563 erstmals erwähnten „Sonne“ angesehen werden kann. Zudem fällt auf, dass die Herberge in privater Hand war, wie dies vor dem 14. Jahrhundert üblich war. Bei wortwörtlicher Interpretation des Textes lässt sich sogar vermuten, dass sich die Herberge im Haus von Anna Fullerin befand und dass sie die Herbergswirtin war. Von einem Gut oder einer Hofstatt ist nicht die Rede.

Aus dem gleichen Textabschnitt im Jahrzeitbuch von 1493 geht auch hervor, dass Anna Fullerin eine weitere Liegenschaft besass, das dort so genannte „gottshuss guot“, das Rudolph Schmid (als Pächter?) innehatte und der laut Urkundentext „der Müller“ genannt wurde. Das lässt den Schluss zu, dass das Gottshaus-Gut bei oder nahe der Kirche lag (wegen dem Namen) und dass sich dort möglicherweise eine Mühle befunden haben muss.

Wir wissen nicht, wo genau die Herberge stand. Nach Ansicht von Linus Hüsser verbleiben Herbergen im Prinzip immer am gleichen Ort. Wir gehen also davon aus, dass der Vorgängerbau der Herberge bereits am jetzigen Platz des Gasthauses stand. Auf jeden Fall hat die ganz frühe Geschichte der „Sonne“ viel zu tun mit der frühen Geschichte des Dorfzentrums und möglicherweise auch der Mühle.

Das Geschlecht der Fuller ist in Eiken schon sehr früh bezeugt. Im Jahr 1333 zahlt „…Bürgi Fuller von Eiken zehen viertel Dinckhels von einer Matte…“ (Generallandesarchiv in Karlsruhe Abt. 21 Konvolut 821). Es verwundert daher nicht, dass die Fuller im innersten Dorfkern prominent präsent sind.

Die Herberge wechselte also im Jahr 1493 aus Privatbesitz in den Besitz des Gotteshauses in Eiken, von wo sie noch vor 1563 in den Besitz des Damenstifts Säckingen kam (durch Kauf, Tausch oder Schenkung), immer noch als Herberge bezeichnet, aber jetzt mit dem Zunamen „zur Sonnen“. Wieso gerade die Sonne als Wirtshausnamen? Gemäss Bernhard Schmid (Schweiz. Archiv für Volkskunde, Band 33, 1934, Seite 19) bedeutet er folgendes:
„Die Sonne, natürlich ist sie stets golden, als das Himmelslicht und Symbol der Gottheit, welche die Frucht zum Reifen bringt, war wohl gerade darum besonders im Norden beliebt.“
Ein „Haus zur Sonne“ gab es schon 1422 in Rheinfelden (heute Fricktaler Museum), als Gasthaus mit Trinkstube des Adels und der Geistlichkeit und bis 1840 als Herberge genutzt.

In diesen Kontext gehört auch noch ein Blick auf die Geschehnisse in und um Eiken in der Zeit um 1499:
“Bernische und freiburgische Grenzbesatzungen fielen darauf [d.h. im Jahr 1499] in die Herrschaft Rheinfelden ein. Eine Spur der Zerstörung zurücklassend, drangen sie über Frick bis nach Möhlin vor, das in Flammen aufging. …. Die soziale und wirtschaftliche Destabilisierung, die von den sengenden und raubenden Truppen ausgegangen war, wirkte in den betroffenen Gebieten noch lange nach. Im ganzen Land trieben sich weiterhin laufende Knechte herum, Reisläufer ohne Dienstherren, die den Friedensverträgen keine Beachtung schenkten und die Bevölkerung weiter drangsalierten.“
(Patrick Bircher, in: Nachbarn am Hochrhein, Seite 175).

Zusammenfassend gehen wir von folgender Hypothese aus (nicht verbürgt, könnte aber durchaus so geschehen sein):
Im Jahr 1493 schenkt Anna Fullerin ihr Haus samt Herberge dem lokalen Gotteshaus. Kurze Zeit später, im Jahr 1499, wird das Dorf Eiken und die Herberge (aus Holz?) durch bernische und freiburgische Truppen zerstört bzw. abgebrannt. Nach einigen Jahren der Instabilität errichtet der Besitzer (das Gotteshaus Eiken, das Stift Säckingen oder ein Dritter) eine neue Herberge am gleichen Platz, diesmal aus Stein, z.B. in den Jahren 1510 bis 1520. Der Bären in Bözen (1517) und das Zeughaus Laufenburg (1512/13) werden zur ungefähr gleichen Zeit gebaut. Im Jahr 1563 ist das Damenstift Säckingen dann eindeutige Besitzerin, aber bereits gegen 1600 geht die Herberge in Privatbesitz über.

Nachzutragen ist, dass bis ins 16. Jahrhundert vorwiegend Fremde die Herberge frequentieren: Pilger vom Elsass nach Einsiedeln und dann eventuell weiter auf dem Jakobsweg nach Spanien, wandernde Gesellen, Händler, Kuriere, Fuhrleute, Reisläufer, Weinhändler (Vortrag von Klaus Grimm vom 16.3.2012). Nicht vergessen werden dürfen die gewichtigen und zahlreichen Eisenerzfuhren durch das Dorf Eiken, an der „Sonne“ vorbei vom oberen Fricktal nach Klein-Laufenburg, die noch bis zum Ende des 16. Jahrhunderts andauerten (mittels Einachser-Fuhrwerken und gezogen von Ochsen und Kühen, laut Linus Hüsser).

Die „Sonne“ im 17. und 18. Jahrhundert

Es darf angenommen werden, dass die Herberge um 1600 in den Besitz von Privaten übergegangen ist. Anhaltspunkte dafür sind: 1594 (hans bollens herberg) und 1609 (Caspar Dinckhel).

Einige Jahre nach 1600 und damit wahrscheinlich nach dem Übergang in private Hände ist der Treppenturm mit kleinen spätgotischen Fenstern an das Haupthaus angebaut worden. Dass er erst später hinzugebaut worden ist, ist eindeutig feststellbar. Der Anbau stösst an den fertigen Aussenputz des Haupthauses.

Für die Erstellung dieses Turms und für weitere Veränderungen an der Bausubstanz wird es gewichtige Gründe gegeben haben, über die wir nur mutmassen können. Exponenten der Familie Dinkel waren nach 1600 häufig als Vögte anzutreffen. August Rohrer (Geschichtliches über Eiken, Seite 16) erwähnt, dass 1570 ein Hans Dinkel und 1605 ein Adam Dinkel in Eiken Vogt waren, letzterer im Jahr 1609 sogar Obervogt. Es lässt sich also gut vorstellen, dass die Familie Dinkel nach dem Erwerb der Herberge in das (vielleicht erneuerungsbedürftige) Haus investierte und es in einen repräsentativen und Respekt erheischenden Zustand bringen wollte. Weiter ist denkbar, dass zu dieser Zeit Bedarf für eine grössere Gaststube (Vogteiversammlungen), mehr Zimmer (Zunahme des Reiseverkehrs) und erhöhten Komfort bestand. Feuer könnte ein weiterer Grund gewesen sein: Laut August Rohrer (Schicksale unserer Vorfahren im 17./19. Jahrhundert; Pfarreiarchiv Eiken) brach in Eiken am 23. Juli 1609 durch Blitzschlag ein Grossbrand aus, dem 21 wohl meist mit Stroh gedeckte Häuser zum Opfer fielen. Dass die „Sonne“ ebenfalls abbrannte, ist weniger wahrscheinlich; eher dürften die hölzernen Lauben auf der Seite Frick vom Feuer beschädigt worden sein, bzw. sich die Erkenntnis durchgesetzt haben, dass ein hölzerner Zugang aussen zu den Stockwerken gefährlich und durch einen steinernen Treppenturm zu ersetzen sei. Das mögen die Gründe gewesen sein für die Erstellung des Treppenturms (mit direktem wetter- und feuergeschütztem Zugang vom Erdgeschoss in alle Stockwerke und in den Estrich) und für die Verschiebung der Gaststube vom ersten ins Erdgeschoss (wenn sie nicht von Anfang schon dort gewesen ist).

Laut August Rohrer (Geschichtliches über Eiken, 1972) „ist Dinkel vielleicht das älteste Eiker Geschlecht, auf jeden Fall das bedeutendste. Kein Geschlecht hat in den frühen Jahrhunderten so viel Macht und Einfluss ausgeübt, wie dasjenige der Dinkel. Im 18. Jahrhundert stellten die Dinkel grösstenteils die Vögte, es bestand damals förmlich eine Vogt-Dynastie.“ Gerichtssitzungen wurden (wenn nötig - schlechtes Wetter) in der Gaststube abgehalten (Wärme).
Ob der Treppenturm vor oder nach dem Rappenkrieg im Fricktal (1612-1614) erbaut wurde, ist nicht klar. Hintergründe zum Rappenkrieg im Beitrag von Linus Hüsser in: Nachbarn am Hochrhein, Band 1, Seiten 325/6, 2002, sowie in dieser Schrift auf Seite 15. Der Treppenturm hat einen ganz ungewöhnlichen, unregelmässigen Grundriss, wofür eine Erklärung fehlt:

Grundriss Treppenturm

Grundriss des Treppenturms auf Höhe Erdgeschoss. Approximative Masse. Auffallend sind der eigenartige, unregelmässige Grundriss, die versetzten Fenster und der schräge, fast hineingezwängte Zugang von der Wirtsstube her. Die eicherne Rundtreppe ist hier noch vorhanden.

Quelle: Ausschnitt aus Umbauplänen von 1957; Gemeindearchiv, Baugesuche 1957, Stichwort „Notter“

Abgesehen von den vier schiefwinkligen Ecken ist der Grundriss fast quadratisch, 360 x 360 cm. Auf der Seite Stein hat der Turm vier Fensteröffnungen mit spätgotischen Gewänden, die alle erhalten sind. Auf der Südseite (Richtung Frick) gab es wahrscheinlich drei Fenster (auf Grund des Aquarells von Kaplan Berger), wovon das oberste noch vorhanden ist, im 19. Jahrhundert aber zugemauert wurde. Dieses Ost-Fenster, obwohl seit ca. 1875 witterungsgeschützt durch den Anbau, ist in einem schlechten Erhaltungszustand, viel schlechter jedenfalls als die vier Fenster auf der gegenüberliegenden Seite.

Es scheint, dass das Haupthaus den 30jährigen Krieg (1618-1648) heil überlebte. Spuren für eine Zerstörung lassen sich nicht finden.

Auf der Aussenseite der Stirnfassade Seite Stall, auf Estrichniveau, sind rosarot gefärbte Mauersteine erkennbar, die auf einen erheblichen Brand des anschliessenden Gebäudes (Holzscheune/-stall) hindeuten. Wann die Scheune brannte, ist nicht feststellbar. Jedenfalls scheinen Scheune und Stall nachher in Stein aufgebaut worden zu sein. Dieser jetzige Gebäudeteil samt Dachgebälk stammt aus dem 18. Jahrhundert. Das hintere Scheunentor dürfte spätestens um 1730 erbaut worden sein. Aussergewöhnlich war, dass die Scheune/das Tenn durchgehend war, also von beiden Seiten befahren werden konnte.

Bis jetzt noch nicht definitiv geklärt werden konnte ein Ausdruck, der in alten Quellen in Zusammenhang mit der „Sonne“ verwendet wird, wenn deren Lage inmitten anderer Grundstücke beschrieben wird. In einem Berein des Stifts Säckingen aus dem Jahr 1718 (StAAG AA 7766) steht unter „… die herberg zuo Eickhen …“ u.a. der folgende Text: „… unnd hat eine stelzen …“. Ein zweites Mal wird dieser Ausdruck verwendet im Kirchberein No. 4 aus dem Pfarreiarchiv Eiken) im Jahr 1792: „Das Wirtshaus zur Sonne … und hat eine Stelzen neben der Kollegiat-Stift Zehendscheüren, …“. Gemäss Schweizerischem Idiotikon kann eine Stelze zweierlei bedeuten: Entweder sagt man das von einem Grundstück, das schmäler oder gar spitz ausläuft, oder man meint damit bei Grundstücken jede Abweichung von einer geraden Linie, z.B. wegen eines Hügels, eines Grabens, einer Senkung, eines sich zuspitzenden (keilförmigen) Vorsprungs an einem (normalerweise rechteckigen) Grundstück. Beides trifft beim Grundstück der „Sonne“ gegenüber demjenigen des Zehntenstocks sehr wohl zu.

Zwischen dem frühen 17. Jahrhundert bis nach 1770, also während mindestens 150 Jahren, betrieb die Familie Dinkel die Herberge. Im Jahr 1657 erscheint Agatha Dinckhel sogar als (Mit-)Besitzerin sowohl des Gottshausguts, als auch der Herberggüter und des Meyerhofguts (StAAG 7758), alle im Umkreis der Kirche.

Vom Jahr 1768 wissen wir, dass die Wirtefamilie auch dort wohnte: In einer Art Bevölkerungs- und Häuserinventar von Eiken von 1768 (Protocollum, StAAG AA 6286) werden unter dem Haus Nr. 30 (= „Sonne“) die folgenden Bewohner aufgezählt: „Joseph Dinkel Sonnenwirth, Bewohner 3 grosse und 4 kleine [Personen]; Nutzvieh 4 grosse und 6 kleine [Tiere].“ Es ist ein Beweis dafür, dass in der „Sonne“ Landwirtschaft betrieben wurde. Der Besitz von vier grossen Tieren ist bemerkenswert und qualifiziert den Besitzer laut Linus Hüsser als Grossbauern.

Der Zugang zur Gaststube befand sich in dieser Zeit - anders als heute - über eine mehrstufige Aussentreppe von der Landstrasse her. Bestätigt wird dies in der Heimatkunde der Gemeinde Eiken von Lehrer Emil Jegge von 1895:

„ … denn noch zu Anfang dieses Jahrhunderts war der Eingang auf der Ostseite, wo sich heute das Fenster gegen die Landstrasse befindet. Nur durch die Wendeltreppe, die heute noch dem Ganzen ein fremdartiges Aussehen verleiht, gelangte man in die oberen Stockwerke und auf den Estrich.“

Einiges wissen wir über das Schicksal der „Sonne“ während der französischen Revolution. August Rohrer erwähnt, dass vom 2. April 1799 bis im Dezember 1800 das Dorf mit französischen Truppen belegt gewesen sei. Längere Zeit hätten drei Regimenter Dragoner in den Gärten hinter den Häusern gelagert, womit nur Neumatt und Kilchmatt gemeint sein können. In Eiken habe sich zudem das Lebensmittelmagazin für alle französischen Truppen im Fricktal befunden. Die „Sonne“ sei drei Monate nach der Truppenbelegung geschlossen worden. Für die Offiziere seien nur das „Rössli“ und das Pfarrhaus als Unterkunft zur Verfügung gestanden. J. Dinkel-Obrist, Unser Dorf, Seite 137, fügt bei, die Schliessung der „Sonne“ sei wegen Verwüstung erfolgt. Die gemeindeseitigen Aufzeichnungen belegen, dass Johannes Rohrer (der Sonnenwirt) trotz Verwüstungen während kürzerer oder längerer Zeit zwischen April 1799 und Februar 1800 Truppen aufnehmen musste, beim ersten Mal 2 Kanoniere, 3 Lager und 3 Pferde, das zweite Mal die gleiche Anzahl und das dritte Mal 2 Kanoniere, 4 Lager und 8 Pferde. (Gemeindearchiv Abt. A 501).

Für diese Zeitperiode figuriert der Sonnenwirt Johannes Rohrer bei den der Gemeinde geschuldeten Steuern an 16. Stelle (von total 70 Steuersubjekten), bei den für die Franzosen geleisteten Schanzarbeiten und Fuhren an 19. Stelle (Gemeindearchiv Abt. A 501), also ein gutsituierter Gemeindebürger, aber kein reicher.

Im Unterschied zum 16. Jahrhundert waren die nachfolgenden zwei Jahrhunderte (17. und 18.) für das Fricktal sehr bewegt. August Rohrer zählt in seiner Schrift „Schicksale unserer Vorfahren im 17./19. Jahrhundert“ (Pfarreiarchiv Eiken) die folgenden Kriege auf, die sich auf das Fricktal und damit auch auf die Eiker Bevölkerung und die „Sonne“ auswirkten:

  • 1612-1614 Rappenkrieg (Aufstand der Landbevölkerung in der Herrschaft Rheinfelden)
  • 1618-1648 Dreissigjähriger Krieg (schwedische Truppen), speziell die Jahre 1633 und 1638
  • 1672-1679 Krieg Frankreich gegen Holland; Franzosen im Fricktal, grosse Verwüstungen
  • 1688-1697 Pfälzischer Krieg (Franzosen); ungewiss wie stark Fricktal direkt betroffen
  • 1701-1715 Spanischer Erbfolgekrieg (Franzosen), speziell 1714
  • 1733-1738 Polnischer Erbfolgekrieg (Franzosen); Eiken mit Truppen belegt (speziell 1734-35)
  • 1740-1748 Österreichischer Erbfolgekrieg (Franzosen)
  • 1756-1763 Siebenjähriger Krieg
  • 1792-1799 Erster Koalitionskrieg (Franzosen)
  • 1799-1802 Zweiter Koalitionskrieg (Franzosen), mit Spitze in den Jahren 1799 und 1800

Die meisten dieser Kriege waren für die Eiker Bevölkerung mit Einquartierungen, Verpflegung von Kriegsvolk, Verwüstungen von Häusern und Feldern, Schanzarbeiten und Fuhrleistungen, oder auch mit Kriegssteuern verbunden (notabene nicht nur für die Invasoren, sondern auch für die kaiserlichen österreichischen Truppen). Die Bevölkerung, und mit ihr sicher auch die „Sonne“, hatten darunter sehr zu leiden. Das Elend war gross. Keine „gute, alte Zeit.“

Details zu den spätgotischen Fenstergewänden

Am Gasthaus zur „Sonne“ gibt es heute erstaunlicherweise noch sechs spätgotische Fenstergewände zu sehen: Das grosse Fenster im zweiten Stock auf der Laube, die vier Fenster des Treppenturms Seite Stein und das zugemauerte Fenster des Treppenturms Seite Frick, dazu zwei Fragmente einer spätgotischen Mittelsäule, die als Füllmaterial in der Trennmauer Gasthaus/Stall gefunden worden sind.

Frau Hunziker von der Kantonalen Denkmalpflege schrieb uns am 14. November 2013:
„ …lässt sich sagen, dass die Art der Kehlung einen Hinweis auf das Alter ergibt: je tiefer und breiter die Kehlen der Werkstücke - desto älter, bzw. je schmaler und dünner oder dürrer die Kehlen - desto jünger das Werkstück. Die Kehlen der im Mauerwerk der „Sonne“ gefundenen Gewände-Werkstücke sind ganz tief und breit, gehen also sicher auf das 16. Jahrhundert zurück, ev. sogar auf die 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts“.

Entsprechend haben wir die vorhandenen Fenster und Gewände ausgemessen (Resultate siehe weiter unten). Die tiefsten und breitesten Kehlen, d.h. demnach die ältesten Gewände, finden sich am Fenster auf der Laube im 2. Stock rechter Fensterteil (mit Verzierung), an den beiden oberen Turmfenstern Seite Stein und am zugemauerten Fenster Seite Frick. Mitteltiefe Kehlen weisen die beiden Mittelsäule-Fragmente und die beiden unteren Turmfenster auf. Das Fenstergewand im 2. Stock auf der Laube (rechter Teil) scheint das älteste Gewand an der „Sonne“ zu sein. Es ist nicht vermessen, seine Entstehungszeit (und damit das Alter des Haupthauses) auf die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts anzusetzen.

Interessant ist der Vergleich der fünf Turmfenster untereinander. Sie sind zwar alle ungefähr gleich breit (45 cm Fensteröffnung, offenbar ein „Standard“-Mass damals), sonst aber sehr unterschiedlich in der Höhe und in der Kehlung. Die Kehlung der oberen zwei Turm-Fenstergewände ist in Tiefe und Breite fast identisch mit der Kehlung des Fensters im 2. Stock des Haupthauses, was bedeutet, dass sie alle älter sein dürften als der später angebaute Treppenturm. Alle seine Fenstergewände dürften wiederverwertete Fenster sein. Wahrscheinlich ist, dass mindestens ein Teil der Fenster aus dem Hauptgebäude stammt, als sie z.B. dem Neubau des Turms weichen mussten.

Fenstergewand

Das vermutlich älteste Fenstergewand an der “Sonne“, 2. Stock Seite Laube. Das Fenster ist aus zwei Teilen zusammengesetzt; die beiden Teile weisen unterschiedliche Masse und Kehlen auf. Das senkrechte Werkstück rechts hat die tiefste Kehlung plus die sehr schöne Verzierung (vermutlich aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, siehe Bild rechts), das senkrechte Werkstück links eine etwas weniger tiefe Kehlung, aber immer noch von beträchtlichem Alter (17. Jahrhundert?).

Keine Kehlung und nur eine fast identische Fase haben der Durchgang vom Treppenturm zum Estrich und das verbliebene Giebelfenster an der Nord-Fassade. Sie dürften beide um die gleiche Zeit entstanden sein, also beim Bau des Treppenturms, als offenbar schon keine Kehlungen mehr an den Fenstergewänden gemacht wurden. Es erstaunt, dass das Giebelfenster keine Kehlung aufweist (nur einen Fas). Zu erwarten gewesen wäre, dass gerade dieses Fassadenfenster hoch oben eines der ältesten Gewände hätte. Es scheint, dass das originale Gewand später ersetzt worden ist.

Die „Sonne“ ab 1800

Ab 1805 (Jahr des ersten Brand-Assekuranz-Katasters in der Gemeinde Eiken) sind die baulichen Veränderungen an der „Sonne“ recht gut bekannt. Die in den Katastern eingetragenen vielen Veränderungen der Schatzwerte sind zusammengefasst und in einer Tabelle dargestellt.
Die wichtigsten Bauvorhaben seien hier kurz dargestellt:

1824 Die kirchenseitige Fassade des Wirtshauses wird neu gestaltet, von der Denkmalpflege wie folgt beschrieben: Klassizistische Überformung der Fassade auf Seite Kirche; Verlegung des Eingangs zum Wirtshaus von der Landstrasse an den jetzigen Ort; aufwendig gerahmtes und verdachtes Eingangsportal mit kunstvoll beschnitztem Türblatt und guten Beschlägen; Biedermeier-Wirtshausschild.  
um 1828 Bau eines Gebäudes mit Metzg und eines Waschhauses im Hinterhof.  
um 1875 Anbau auf Seite der Landstrasse.  
1891 Im ersten Stock wird ein Saal eingerichtet (laut Turnvereinprotokoll von Emil Jegge). Die Bühne befindet sich im Raumprofil des Stalls; dazu musste die grosse Mauer zwischen Wirtshaus und Stall durchbrochen werden.  
1910 Kauf des an Scheune/Stall anschliessenden Wohnhauses durch den Sonnenwirt Karl Albert Schmid. Das dortige Haus ist schon 1718 bezeugt. (Nachlass J. Dinkel-Obrist)  
1957/58 Grosser Umbau und Modernisierung. Die Wendeltreppe im Innern des Treppenturms wird abgebrochen und in jedem Geschoss des Treppenturms werden Böden eingezogen. Ab jetzt können die Stockwerke nicht mehr über den Treppenturm, sondern über hausinterne Treppen erreicht werden. Neue sanitäre Einrichtungen und Zentralheizung.  
1984 Aufhebung des Stalls und Umbau zu Restaurationsräumen (Nachlass J. Dinkel-Obrist)  

Der massivste Eingriff erfolgte im Jahr 1824. Das Gasthaus und sein Eingang wurden neu auf die Kirchenseite ausgerichtet und in eine neue „klassizistische“ Fassade gekleidet, die noch heute das Erscheinungsbild der „Sonne“ Seite Kirche prägt (siehe Bild auf der ersten Seite dieser Schrift). Wahrscheinlich wurden alle Fenster vergrössert, insbesondere diejenigen im zweiten Stock, um mehr Licht hereinzulassen. Dazu musste möglicherweise das Dach etwas angehoben werden; Niveauunterschiede (+ 50 cm?) sind auf dem Dachboden Seite Stein noch sichtbar.

Die Erneuerung der Fassade Seite Kirche und die optische Aufwertung lagen zu dieser Zeit wohl im Trend. Ein gleiches Face-Lifting erfuhren zum Beispiel auch der Bären in Bözen (Jahr 1814) und die Mühle in Eiken (Jahr 1841). Zwei Objekte des Umbaus von 1824 sind sehenswert:

Wirtshausschild und Eingangsportal

Links das biedermeierliche Wirtshausschild auf der Seite der Landstrasse.
Rechts das aufwendig gerahmte und verdachte Eingangsportal mit kunstvoll beschnitztem Türblatt und guten Beschlägen.
Beide Beschreibungen von der Denkmalpflege, in: Denkmalpflege, Bauinventar der Gemeinde Eiken 1996/2010.

Im 19. Jahrhundert gewann das Reisen an Schwung. Im Reiseführer von J.J. Leuthy von 1840 steht folgender Text über die „Sonne“ in Eiken:

Reiseführer

Der Anbau auf Seite der Landstrasse wurde vermutlich im Jahr 1875 oder kurz zuvor durch den Wirt K .A. Schmid erstellt. Weitere Details sind nicht bekannt. Diese Erweiterung muss wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem Neubau der Kirche (1874) und dem Bahnbau (1874/75) gesehen werden.

Die „Sonne“ war auch immer Mittelpunkt eines regen Vereinslebens, speziell vom Moment an, da der Saal im ersten Stock eingerichtet worden war (1891). Das Gründungsprotokoll des Turnvereins Eiken (1889-1906), damals verfasst von Lehrer Emil Jegge und im Jahr 2013 in verdankenswerter Weise publiziert von seinem Enkel Bruno Jegge, gibt uns ausführlich Kenntnis davon. Seine Schilderung der Bundesfeier von 1891 (600 Jahre), unter Einbezug der „Sonne“, ist eindrücklich.

Um 1890 hielt die Moderne Einzug in Eiken (Elektrizität, Wasserversorgung usw.). Der Sonnenwirt war die erste Person im Dorf, die eine Telefonstation einrichten liess. Die „Eröffnung“ der Telefonstation fand am 9. Dezember 1896 statt. Die Station war verbunden mit der Vermittlungsstation Frick. Wer im Dorf also telefonieren wollte, musste sich in die „Sonne“ begeben. Dies dauerte bis nach 1910. In diesem Jahr waren erst zwei Abonnenten registriert, neben der „Sonne“ noch die Gipsdielen-Fabrik Pfeiffer. Quelle: PTT-Archiv, P-260-1, Bern.

Der zweite grosse Umbau fand im Jahr 1958 statt. Bei dieser Gelegenheit ging viel alte Bausubstanz verloren, u.a. wurde die alte eicherne Wendeltreppe im Treppenturm entfernt und zu Wohnraum umfunktioniert. Gleichzeitig wurden im Bereich der Lauben neue sanitäre Einrichtungen geschaffen. Die detaillierten Baupläne des Umbaus, aus denen vor allem auch die Situation vor dem Umbau hervorgeht, sind im Gemeindearchiv Eiken, Baugesuche 1957, Stichwort Notter, abgelegt.

In diesem Zusammenhang erwähnenswert sind die Erinnerungen von Frau Notter, der Wirtin auf der „Sonne“ zwischen 1955 und 2004 (aufgezeichnet von J. Dinkel-Obrist, StAAG NL. A 0245 001 Fasc. 3):

„Seit 1959 betreute Frau Notter 2 Dreierzimmer, sowie 4 Doppelzimmer. Preis mit Frühstück, beinhaltend Milchkaffee, Confitüre, Käse und Weggli, fr. 25.- (pro Doppelzimmer). Das Dreierzimmer kostete mit Frühstück fr. 45.-. Zwischen April und Oktober waren die Zimmer fast immer ausgebucht. Gäste kamen aus aller Herren Länder. Frau Notter sprach Deutsch, Französisch und Englisch. Die Betten wurden täglich gewaschen und frisch angezogen.

Die Treppe ganz aus Eichenholz gebaut, versehen mit eichernen Holzlehnen bis zum Estrich hinauf, besass auf der Höhe jedes Stockwerkes einen Durchlass in den betreffenden Gang zu den Kammern des Stockwerkes. Auf der Gegenseite sind kleine Fensterluken eingelassen. Zwar ist die Wendeltreppe brüchig, jedoch die massiven Türschwellen und Türstürze sind sehr gut erhalten.

Früher befanden sich die alten „Abtritte“ (ohne Wasserspülung) auf der Seite des Zehntenstocks. 1958 wurden sie in die Stockwerke hinein verlegt. Die alten Heizöfen mit Holz als Brennstoff wurden durch Kohle ersetzt. 1959 wurden die Kohleöfen in den Zimmern durch eine moderne Zentralheizung ersetzt. 1984 folgte eine neue Küche mit zentralem Herd.
Anfänglich besass die Familie Notter noch keinen Bierkeller, die Bierfässer wurden im Keller mit Eis zugedeckt. Später wurde ein eigener Bierkeller errichtet, massiv gebaut, wöchentlich kam frisches Eis.“

Der Weinausschank in der „Sonne“ über die Jahrhunderte

Da der Verkauf von Wein an die Herbergs-Gäste steuerpflichtig war (sogenanntes Ohmgeld) und die entsprechenden amtlichen Verzeichnisse zum Teil erhalten geblieben sind, wissen wir recht viel und zuverlässig über die in der „Sonne“ getrunkene Weinmenge.

Allgemeines (aus: „Gastfreundschaft, Taverne und Gasthaus im Mittelalter“, in Schriften des Historischen Kollegs, Verlag Oldenbourg, 1983):
Die Zufuhr von Wein an den Wirt erfolgte kontinuierlich und verteilte sich über das ganze Jahr. Das hatte seinen Grund. Die damalige Weinqualität nämlich hielt die Lagerung nicht aus, so dass der Wein rasch und jung getrunken werden musste. Wein vom Vorjahr war weniger geschätzt und verlor an Wert. Der Wirt kaufte deshalb nie für das ganze Jahr oder für eine grössere Zeitspanne ein, sondern kellerte immer nur so viel Wein ein, als er für die nächsten Tage und Wochen benötigte.

Neu angelieferte Fässer mussten (wahrscheinlich vorher kontrolliert und) versiegelt werden. Dem Ohmgeld und der öffentlichen Aufsicht war nur jener Wein unterworfen, der in den Wirtshäusern getrunken wurde. Was die Einwohner in grossen Mengen für den häuslichen Gebrauch einkauften, unterlag dem Ohmgeld nicht.

Der Wein war in (unseren) Gebieten das verbreitetste Getränk; er gehörte zu jeder vollständigen Mahlzeit. Dies galt vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert. Andere Getränke wie Bier, Most (Apfel- und Birnensaft), Milch oder Branntwein blieben - wenigstens den Quellen nach zu urteilen - lange im Hintergrund und begannen erst seit dem 17. Jahrhundert beliebter zu werden.

Zurück zur „Sonne“

Wie weiter vorne erwähnt erfolgte in den Jahren ein Aufstand der Landbevölkerung unserer Gegend, der als Rappenkrieg in die Geschichte eingegangen ist:

Auslöser des Rappenkriegs war die Erhebung einer Weinumsatzsteuer von einem Rappenpfennig pro Mass (ca. 1,5 Liter). Sondersteuern dieser Art zugunsten der durch Kriege geleerten Kassen Österreichs waren schon in der Vergangenheit erhoben worden. … Die damaligen Missernten und die verlustreiche Pest von 1611 steigerten zusätzlich die Unzufriedenheit der Bevölkerung. Die Einführung einer neuen Weinumsatzsteuer brachte das Fass zum Überlaufen: Am 5. März 1612 trafen sich Bauern aus dem Gebiet des heutigen Fricktals und … zu einer Landsgemeinde in Mumpf und besprachen das weitere Vorgehen … Die Verhandlungen (im September 1614) endeten mit der Unterwerfung der Bauern. … Sie verpflichteten sich, den Rappenmasspfennig zwölf Jahre lang zu entrichten. (Linus Hüsser, in: Nachbarn am Hochrhein, Band 1, Seiten 325/6).

Interessanterweise beginnt das noch vorliegende Ohmgeldregister der Herrschaft Rheinfelden (StAAG AA 6336) im Herbst 1614, wie wenn von den Behörden ein Neuanfang gestartet worden wäre. Für die „Sonne“ wurden die folgenden Weinumsätze erhoben:

1616 ganzes Jahr 30 ½ Saum 20 Mass entsprechend ca. 4‘600 Liter
1617 ganzes Jahr 34 ½ Saum 18 Mass entsprechend ca. 5‘200 Liter
1618 ganzes Jahr 43 Saum 13 Mass entsprechend ca. 6‘500 Liter
1619 ganzes Jahr 33 Saum 26 Mass entsprechend ca. 5‘000 Liter

(1 Saum = rund 150 Liter, 1 Mass = rund 1,5 Liter)

Auffallend ist, dass das Sommerhalbjahr 1616 in der „Sonne“ extrem schwach war (nur 12 ½ Saum 10 Mass = knapp 2‘000 Liter). Könnte es sein, dass in diesem Jahr die „Sonne“ umgebaut wurde (inkl. Bau des Treppenturms) und deshalb die Weinumsätze einbrachen? Der Jahresdurchschnitt der „Sonne“ betrug damals rund 5‘500 Liter Wein. Verteilt auf 365 Tage ergibt dies einen durchschnittlichen Weinkonsum pro Tag von 15 Litern Wein, was eigentlich wenig ist. Es sei in Erinnerung gerufen, dass Wein vorwiegend an die fremden Reisenden ausgeschenkt wurde. Die Einheimischen tranken den Grossteil ihres Weins zuhause. Legt man einen durchschnittlichen Konsum von einem Liter Wein/Person und Tag zugrunde, kommt man auf 15 Mahlzeiten pro Tag, eine moderate Anzahl.

Interessiert hat weiter die Frage, wie sich die „Sonne“ beim Weinverkauf mit den andern Herbergen an der Landstrasse Basel-Bözberg vergleicht. Als Vergleichsgrössen wurden Durchschnittswerte der Jahre 1614 bis 1620 genommen. Hier die Resultate, aufgelistet in Reiserichtung Basel-Bözberg:

Durchschnitt Jahresabsatz 1614-1620 (gerundet)

    in Saum in Litern
Stadt Rheinfelden keine Zahlen verfügbar    
Zeiningen 1 Wirtschaft 60 9‘000
Niedermumpf/Wallbach die umsatzstärkere von 2 Wirtschaften 100 15‘000
Stein/Münchwilen 1 Wirtschaft 46 6‘900
Eiken 1 Wirtschaft („Sonne“) 36 5‘500
Frick die umsatzstärkere von 2 Wirtschaften 22 3‘300
Hornussen die umsatzstärkere von 2 Wirtschaften 42 6‘300

Die Spitzenreiterin im Weinabsatz war eindeutig die eine Wirtschaft in Niedermumpf/Wallbach (wahrscheinlich wegen der Fähre bzw. Anlegestelle), dann folgt die Wirtschaft in Zeinigen, im Mittelfeld die Wirtschaften in Stein, Eiken und Hornussen und am Ende eine der Wirtschaften in Frick. Auch so betrachtet wird deutlich, dass die „Sonne“ in Eiken in der Zeit zwischen 1614 und 1620 beim Weinverkauf zum Mittelfeld gehörte.

Die Wirtshäuser abseits der grossen Route (nämlich Schupfart, Zuzgen, Wittnau, Ober-/Unterzeihen und Wölflinswil) verzeichneten alle einen deutlich tieferen Weinabsatz als die „Sonne“. Einzig die Wirtschaft in Wölflinswil kam nahe an die „Sonne“ heran.

Für spätere Jahre (1685/1699) sind nur wenig aussagekräftige Daten bekannt. Im Jahr 1699 ist die „Sonne“ wegen dem Weinverkauf einer behördlichen Kontrolle unterzogen worden. Geprüft wurde anhand einer (heute modern anmutenden) „Checkliste“; das Kontrollergebnis wurde im Ohmgeldregister festgehalten. Laut einer Bemerkung im Register waren alle Weinkannen entgegen den Vorschriften nicht geeicht.

Für das 19. Jahrhundert, d.h. nach dem Anschluss des Fricktals an den Kanton Aargau, sind wieder zuverlässige Ohmgeldbücher vorhanden (im Gemeindearchiv, Abt. 853). Der Weinausschank an Gäste in der „Sonne“ betrug im Jahr 1824 rund 8‘000 Liter, als Offenausschank (aus Fässern). Rund ¾ davon (6‘000 Liter) war Eiker Wein (wohl weitgehend Weisswein), der Rest (2‘000 Liter) stammte aus dem Badischen (Markgräfler, wohl weitgehend Rotwein). Der Markgräfler war wesentlich teurer (rund 10 Creuzer, d.h. rund 25 Rappen alter Währung pro 150 Liter) als der Eiker Wein (rund 3 Creuzer). In den Quartalen 1, 2 und 4 betrug der Weinausschank rund 1‘300 Liter (oder 15 Liter pro Tag, was nicht übermässig viel wäre). Im 3. Quartal 1824 hingegen belief sich der Konsum auf das Dreifache eines normalen Quartals, nämlich 4‘000 Liter (oder 45 Liter pro Tag), ein heisser Sommer oder - wahrscheinlicher - Festivitäten aus Anlass des abgeschlossenen Umbaus der „Sonne“?
Daneben wurde noch gebranntes Wasser ausgeschenkt. Im 3. Quartal 1824 betrug der Ausschank 0,6 Saum (d.h. rund 90 Liter), entsprechend 1 Liter pro Tag. Der Konsumationspreis betrug 20 Creuzer pro Saum (150 Liter).
Bierkonsum ist in der Ohmgeldkontrolle (Gemeindearchiv, A 853) für die „Sonne“ erst ab dem Jahr 1828 verzeichnet. Das Bier war damals teurer als der Eiker Weisswein und wurde aus Rheinfelden bezogen.

Im Jahr 1846 als weiteres Beispiel verkaufte die „Sonne“ Wein im Ausmass von 36 Saum und 30 Mass, was 5‘500 Litern entspricht, sowie 900 Liter vom aufkommenden Bier.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Weinverkauf in der „Sonne“ von 1614 bis 1850 ziemlich konstant bei 5‘500 Litern gelegen hat, von Einzelfällen in der einen oder andern Richtung abgesehen.

Die Eigentümer bzw. Wirte der „Sonne“

Aus verschiedenen Sekundärquellen sind die Namen der Wirte der „Sonne“ zusammengestellt worden.

Wie bereits dargelegt hiessen die ersten namentlich bekannten Wirte Hans Boll (im Jahr 1594) und Caspar Dinkel (im Jahr 1609). Die Familie Dinkel bestimmte dann als Eigentümerin und Wirtsleute die Geschicke der „Sonne“ während mehr als 150 Jahren (bis nach 1770).

Hernach, spätestens 1786, ist Johannes Rohrer als Wirt (und Eigentümer) belegt. Ab diesem Zeitpunkt folgten sich die Sonnenwirte in bunter Reihenfolge, ohne dass eine bestimmte Familie längere Zeit geblieben wäre. Die Wirte waren in den meisten Fällen auch Eigentümer.

Die „Sonne“ auf Abbildungen und Plänen

Zur Darstellung der Geschichte der „Sonne“ gehören auch wichtige Abbildungen und Pläne. Sie finden sich weiter unten. Auf den jeweiligen Artikel sind zum Teil längere Kommentare angebracht, die hier im Haupttext nicht mehr wiederholt werden. Es lohnt sich, diese Texte ebenfalls zu lesen.

Im Einzelnen betrifft es die folgenden Themen:

  • Ausschnitt aus dem Dorfplan von 1876.
  • Die Darstellung der „Sonne“ auf den Aquarellen von Kaplan Berger aus dem Jahr 1868.
  • Der Gasthof zur Sonne auf dem Katasterplan von 1910.
  • Alte Ansichten der „Sonne“ im 20. Jahrhundert.
  • Die Grundrisse der vier Geschosse der „Sonne“ vor dem Umbau von 1957

Zur Abrundung der Angaben zur „Sonne“ sind nachstehend einige Gebäudemasse aufgeführt, zum Teil im Vergleich zum nachbarlichen Zehntenstock-Gebäude:

(approximativ)   Wirtshaus zur Sonne
3-stöckig
Zehntenstock
5-stöckig
Aussenmasse Länge (Seite Strasse)
Breite (Seite Kirche)
bebaute Grundstückfläche
13,4 m
11,2 m
150 m2
10,5 m
10,7 m
112 m2
Innenmasse (Erdgeschoss) Länge
Breite
Fläche Erdgeschoss
11,6 m
9,3 m
108 m2
 
Innenmasse Keller Länge
Breite (Seite Kirche)
Fläche Keller
11,6 m
4,65 m
54 m2
 
Geschosshöhen gewölbter Keller
Erdgeschoss (inkl.Decke)
Erster Stock (dito)
Zweiter Stock (dito)
2,70 m
3.04 m
2.86 m
2.80 m
 
Firsthöhe jetzt
vor Aufstockung
15,5 m
ca. 14,8 m
 
(Aufstockung im 19. Jahrhundert?)

Quelle der Masse: Detailpläne der Umbauten von 1957/8 (Gemeindearchiv Baugesuche 1957, Stichwort Notter) und Katasterpläne von 1910 (Staatsarchiv P.01/0521/01-24)

Im angebauten Haus Schupfarterstrasse 3 (bezeugt 1718) ist rund 50 cm unter dem heutigen Gehniveau in der ebenerdigen Garage bei Grabungsarbeiten ein Fischgratmuster-Fussboden aus roten Ziegeln zum Vorschein gekommen und anschliessend wieder zugedeckt worden, ohne nähere Prüfung. Robert Trachsel glaubte, einen römischen Fussboden vor sich zu haben. Vertreter der Kantonsarchäologie machten allerdings geltend, dass solche Fussböden noch bis ins 16. Jahrhundert verlegt worden seien.

Schlusswort:
„Lokalgeschichtlich und ortsbaulich gehört der Gasthof zur Sonne zu den bedeutendsten historischen Bauten der Gemeinde.“
(Zitat aus: Denkmalpflege 1996/2010, Bauinventar der Gemeinde Eiken, Seite 32)

Diese Schrift widme ich Herrn Robert Trachsel, der den lobenswerten Anstoss dazu gegeben hat, etwas mehr wissen zu wollen über die Geschichte seines im Jahr 2005 erworbenen Gasthofs, und der meine Nachforschungen mit andauerndem Interesse und wirkungsvoll begleitet und bereichert hat. Zuerst gedacht als kleine Suche nach den Umbauplänen von 1957 entwickelte sich das Projekt immer mehr zu einem umfangreichen geschichtlichen Werk.

9. Februar 2015
Kurt Villinger

Hinweis auf separates Dossier mit zusätzlichem Material

Im Zusammenhang mit der Geschichte der „Sonne“ wurde viel Material zusammengetragen und ausgewertet. Viele dieser Dokumente und Auswertungen konnten aus Platzgründen nicht in den Bericht aufgenommen werden. Sie sind in einem separaten Dossier zusammengestellt und in zwei Exemplaren vorhanden, eines bei Robert Trachsel und eines beim Verfasser dieser Schrift.

Im Einzelnen sind dies folgende Dokumente:

  • Die Transkription sämtlicher Eintragungen zur „Sonne“ und ihrer Nebengebäude in den Brandassekuranz-Katastern der Gemeinde Eiken zwischen 1768 und 1910, mit Kopien der ersten Einträge
  • Die Beschreibung des Gasthofes zur Sonne im Bauinventar der Gemeinde Eiken, EIK904 der Denkmalpflege von 1996/2010
  • Grundstückpläne von 1776, 1876, 1880 und 1910
  • Fotos der vier Baupläne des Umbaus von 1957/58
  • Kopien von Originaldokumenten zum Thema „Sonne“ von 1718 und 1792 samt Transkriptionen
  • Ausführungen von Lehrer Emil Jegge zum Thema „Sonne“ im Buch „Heimatkunde der Gemeinde Eiken“ von 1895
  • Ausführungen von August Rohrer zum Thema „Sonne“ in seiner Schrift „Eiken unsere Heimat“ von 1953/54
  • Ausführungen von August Rohrer zum Thema „Dinkel“ in seiner Schrift „Geschichtliches über Eiken“ von 1972
  • Ausführungen von J. Dinkel-Obrist zum Thema „Sonne“ in seinem Buch „Unser Dorf“ von 1987
  • Vollständige Kopie des Dossiers „Sonne“ aus dem Nachlass von J. Dinkel-Obrist; StAAG NL.A 0245 001 Fasc. 3
  • Tabelle der Weinvorräte und -verkäufe im Gasthof zur Sonne im Jahr 1824
  • Fotografie zu den Brandspuren an der Aussenfassade Seite Stall
  • Fotografie und Abschrift des Texts im Jahrzeitbuch der Pfarrei Eiken von 1493
  • Liste der Einträge betr. „Sonne“ im Ohmgeldregister der Herrschaft Rheinfelden von 1614-1699 (StAAG AA 6336)

Die Baugeschichte im Überblick

„Lokalgeschichtlich und ortsbaulich gehört der Gasthof zur Sonne zu den bedeutendsten historischen Bauten der Gemeinde.“ (Denkmalpflege 1996/2010, Bauinventar Gemeinde Eiken, Seite 32)

    Herkunft der Aussage
zw.1500 u 1550 Entstehungszeit des Kerngebäudes mit spätgotischen Fenstergewänden, ohne Treppenturm Vermutung
1563 früheste bisher bekannte schriftliche Erwähnung der „Sonne“ als Herberge am heutigen Standort; im Eigentum des Stiftes Säckingen Berein Stift Säckingen
StAAG AA 7753
zw.1610 u 1620 Anbau des Treppenturms, wahrscheinlich nach Übergang in private Hände, unter Wiederverwertung alter Fenstergewände
Eingang auf der Ostseite, von der Landstrasse her (jetzt dort ein Fenster in der Gaststube)
Vermutung
1718 Die Häuserzeile bestand schon damals aus zwei Häusern („Item die Herberg zuo Eickhen im Dorff, zur Sonne genannt, samt einem Haus oben dran….“) StAAG AA 7766
zw 1700 u 1750 Bau von Scheune und Stall in Stein, wahrscheinlich nach Brand. Dach des Haupthauses aus dem 18. Jahrhundert Denkmalpflege 1996/2010
1768 Das Wirtshaus wird von 1 Familie bewohnt, nebst Stall mit Vieh Protocollum,
StAAG AA 6286
1799 Verwüstung durch die franz.Truppen; deswegen Schliessung der Sonne, aber dennoch Aufnahme von fremden Truppenteilen A.Rohrer S.22
u.J.Dinkel-Obrist S.137
1805 Die Häuserzeile der Sonne besteht aus drei Gebäuden:
- das Wirtshaus, 3-stöckig, aus Stein, mit Ziegeln gedeckt (Kat.Nr. 39)
- eine angebaute Scheune und Stallung, mit Ziegeln gedeckt (Kat.Nr. 39)
- das anschliessende Wohnhaus mit Scheune und Stall, 2-stöckig, Ziegel (40)
Brandassekuranz-Kataster Eiken 1805,
Gemeindearchiv Abt. 375
1824 Fassade klassizistisch überformt, mit dem aufwändig gerahmten und verdachten Eingangsportal mit kunstvoll beschnitztem Türblatt und guten Beschlägen, Wirtshausschild Seite Landstrasse, inkl. Versetzen der Eingangstüre an die Schupfarterstrasse vis-à-vis Kirche.
Unter dem Monat März 1824 ist im Brand-Assekuranz-Kataster ein grosser Umbau verzeichnet, der den Schatzwert des Wirtshauses mehr als verdoppeln lässt.
Emil Jegge, Heimatkunde der
Gemeinde Eiken, Seite 40

Brand-Assekuranz-Kataster Eiken für 1825; Gdearchiv Abt. 375
1828 Neu 2 Wohnungen Brand-Assek.-Kataster 1828
Gdearchiv Abt. 375
1839 Bau eines Waschhauses im Hinterhof; diente zwischen 1850 und 1875 als Metzg, später wieder Waschhaus Brand-Assek.-Kataster 1828
Gdearchiv Abt. 375
1838/1861/1866 weitere grössere Umbauten und Verbesserungen des Wirtshauses und der Scheune/Stallung Brand-Assek.Kataster 1828
Gdearchiv Abt. 375 und
Lagerbuch der Gde Eiken 1850
StAAG CA. 0001/0291
zw.1868 u 1876 Anbau auf Seite Landstrasse (ev. in Zusammenhang mit Neubau der Kirche und dem Eisenbahnbau?) ersichtlich aus Dorfansicht von 1868
und Dorfplan von 1876
1891 Einbau eines Saals mit Bühne im ersten Stock Turnvereinprotokoll von Emil Jegge
1910 Kauf des an Scheune/Stall anschliessenden Wohnhauses durch den Sonnenwirt Karl Albert Schmid. Das Haus dort ist schon 1718 bezeugt. Archiv Dinkel-Obrist
StAAG NL.A 0245 0009
1957/58 Grosser Umbau; Wendeltreppe im Innern des Treppenturms abgebrochen und in jedem Geschoss Böden eingezogen. Sanitäre Sanierung, Zentral-heizung, hausinterne Treppenverbindungen an Stelle des Treppenturms. Denkmalpflege 1996/2010
1984 Neue Küche mit zentralem Herd; Aufhebung Stall und Umbau zu Restaurant Wirtin Frau Notter

Die bauliche Geschichte der Gebäude auf dem Grundstück der „Sonne“, dargestellt auf dem Dorfplan von 1876

Unten die Landstrasse, rechts rot gefärbt die neue Kirche, daneben am Dorfbach die Schmiede und links neben der Sonne an der Landstrasse der Zehntenstock mit angebauter Zehntenscheune.

Ausschnitt aus dem Dorfplan vom Juni 1876 (StAAG NL.A 0245 0009).

Bauliche Geschichte

Erste bekannte bildliche Darstellung der „Sonne“ von 1868 (Aquarelle von Kaplan Berger, hier Ausschnitte)

Die Vorderseite des Wirtshauses zur Sonne (hinter dem Kirchturm). Zum Thema „Sonne“ fällt folgendes auf: Die kirchenseitige Fassade, wie sie im Jahr 1824 umgestaltet worden ist, mit je vier gleich grossen Fenstern auf den drei Geschossen; Dachlukarnen (zweifelhaft, ob sie je vorhanden waren); das Wirtshausschild schon am jetzigen Ort zur Landstrasse hin gerichtet und Vorhänge in ersten und zweiten Stock, nicht jedoch im Erdgeschoss.

Bildliche Darstellung 1

Die Rückseite des Wirtshauses zur Sonne (hinter dem Zehntenstock). Zum Thema „Sonne“ fällt folgendes auf: Der Treppenturm und die hölzernen Lauben. Die Denkmalpflege schreibt zu den Lauben: „Über die gesamte rückwärtige Trauffassade zog sich ursprünglich eine hölzerne Laubenfront, die heute bis auf das mittlere Stück durch gemauerte Anbauten ersetzt ist. Die Mittelpfosten der Laube sind dekorativ beschnitzt und mit geschweiften Kopfhölzern ausgestattet. (Bauinventar der Denkmalpflege 1996/2010, Seite 33)

Der strassenseitige Anbau an das Wirtshaus steht noch nicht; also muss er nach 1868 erbaut worden sein (um 1875). Der Treppenturm tritt prominent in Erscheinung und hat auf dieser Seite 3 Fenster. Das graue Band der Landstrasse entlang, von der „Sonne“ bis zum Kopf der Frau im Vordergrund, müsste der heute nicht mehr sichtbare Arm des Dorfbachs sein.

Bildliche Darstellung 2

Quelle: Gute fotografische Aufnahme des Aquarells im Nachlass J. Dinkel.Obrist, StAAG NL.A 0245 0001 Fasc. 1

Der Gasthof zur Sonne auf dem Katasterplan von 1910

In der Mitte der Gasthof zur Sonne, angehängt die Scheune und das Wohnhaus Schupfarterstrasse 4, das damals (1910) zur Liegenschaft der „Sonne“ gehörte. Interessant ist, dass das Grundstück der „Sonne“ im Jahr 1910 immer noch bis zu der schnurgeraden Grenze am rechten Bildrand reicht.

Vermutet wird, dass das Grundstück der „Sonne“ ursprünglich (d.h. im 16. Jahrhundert) bis zu den oben mit Pfeilen markierten Grenzen reichte. Das „Meÿerhoffsguet“, von dem im Berein von 1563 die Rede ist, hätte dann unterhalb, d.h. südseitig des „Sonne“-Grundstücks gelegen. Zehntenstock und -scheune wären später (1694) in das „Sonne“-Grundstück „hineingesetzt“ worden.

Erahnt werden kann die Strassenkreuzung Landstrasse und Querstrasse nach Schupfart resp. Laufenburg. Die hier sichtbare Einmündung der Schupfarterstrasse ist nur wenige Jahre vor Erstellung dieses Plans erstellt worden. Die „Sonne“ hatte vor dem Bau der Schmiede im 16. oder 17. Jahrhundert wahrscheinlich einen viel grösseren Vorplatz.

Links die Kirche, dazwischen die Schmiede, unnatürlich eingezwängt zwischen Dorfbach und „Sonne“. Rechts neben der „Sonne“ der Zehntenstock mit Zehntenscheune, eben wie hineingesetzt. Rechts oben die Wirtschaft zum Weissen Rössli.

Katasterplan von 1910

Quelle: Katasterpläne Nr. 20-22 von 1910 (StAAG P.01/0521/20-22). Um die „Sonne“ in ihrem Umfeld zu zeigen, mussten die drei Pläne zusammengeklebt und gescannt werden, deshalb die unbefriedigende Bildqualität.

Alte Bilder des Gasthofs zur Sonne

Fenster im Erdgeschoss

Bild um 1910, Fenster im Erdgeschoss noch nach Anordnung von 1824
Quelle: Nachlass J. Dinkel-Obrist; StAAG NL.A 0245 001 Fasc. 3

Vorderfront Seite Kirche

Vorderfront Seite Kirche, nach dem Umbau von 1958 (veränderte Fenster Erdgeschoss); Foto um 1980
Quelle: Nachlass J. Dinkel-Obrist; StAAG NL.A 0245 001 Fasc. 3

Rückseite des Gasthofs

Rückseite des Gasthofs mit dem Anbau von ca. 1875 im Vordergrund; Foto um 1980
Quelle: Nachlass J. Dinkel-Obrist; StAAG NL.A 0245 001 Fasc. 3

Grundrisse der vier Geschosse der „Sonne“ im Jahr 1957 (vor dem Umbau)

Grundriss 2. Stock
Grundriss 1. Stock
Grundriss Erdgeschoss
Grundriss Keller

Zeichnungen von K. Villinger nach den Originalplänen im Gemeindearchiv (Baugesuche 1957, Stichwort „Notter“)
Siehe auch die Abbildung des Originalplans von 1956 für das Erdgeschoss weiter unten.

    Herkunft der Aussage
1594 (9. Mai) Hans Boll („.. in Hanss Bollens herberg öffentlich zu Recht gesessen …“ Berein Eiken StAAG AA 7754
1609 Caspar Dinkel, der Wirt Urkunde Stift Rheinfelden 452
(Dinkel-Obrist Seite 84)
1642 Caspar Dinkel (Besitzer?) A.Rohrer, Geschichtliches über Eiken, S. 17
1662 ab hier wahrscheinlich gleichzeitig auch Eigentümer
Hans Dinkel, anschliessend Cunradt Dinkel
A.Rohrer, Geschichtliches über Eiken, S. 17
1688/97 Hans Dinkel A.Rohrer, Geschichtliches über Eiken, S. 17
1724 Johannes Dinkel A.Rohrer, Geschichtliches über Eiken, S. 17
1727 Martin Dinkel A.Rohrer, Geschichtliches über Eiken, S. 17
1733 Martin und Jacob Dinkel A.Rohrer, Geschichtliches über Eiken, S. 17
1768 Joseph Dinkel Protocollum, StAAG AA 6286
1770 Joseph Dinkel A.Rohrer, Geschichtl.ü.E., S. 17
1786 Johannes Rohrer (aus Leibstatt, laut Dinkel-Obrist) StAAG AA 6358 Feuersozietäts-beschrieb des Fricktals
1785/1790/1796 Johannes Rohrer (war Pate bei der Taufe mehrerer Kinder der Familie Ruflin) Taufregister im Pfarreiarchiv Eiken; sekundär im Nachlass Dinkel-Obrist im StAAG NL.A 0245 0009/02
1805 Johannes Rohrer Brandassekuranz-Kataster Eiken 1805, Gdearchiv Abt. 375
1806 Johann Herdach A.Rohrer, Eiken uns.Heimat S.21
1806-1811 Johann Büche A.Rohrer, Eiken uns.Heimat S.21
1811-1838 Thadeus Brast A.Rohrer, Eiken uns.Heimat S.21
Brandassekuranz-Kataster Eiken 1825, Gdearchiv Abt. 375
1838-1848 Johann Brast A.Rohrer, Eiken uns.Heimat S.21
Brandassekuranz-Kataster Eiken 1828, Gdearchiv Abt. 375
1848 Kauf aus öffentl. Versteigerung: Johann Erne (aus Schupfart) A.Rohrer, Eiken uns.Heimat S.21
1850 (bis 1861) Johann Erne Lagerbuch der Gemeinde Eiken von 1850, StAAG CA.0001/0291
1861- ? Magnus John Lagerbuch der Gemeinde Eiken von 1850, StAAG CA.0001/0291
  dann Sonnenwirt Ries StAAG NL.A 0245 0009
12.2.1891 durch Kauf: Karl Albert Schmid-Ries, von Frick, in Eiken Grundbuchamt Laufenburg
17.11.1924 durch Erbgang: Schmid Karl Alberts Erben Grundbuchamt Laufenburg
13.9.1927 durch Erbteilung: Schmid Emil, 1899, Wirt in Eiken Grundbuchamt Laufenburg
4.10.1955 durch Erbgang: Schmid Emils Erben Grundbuchamt Laufenburg
gleichentags durch Kauf: Zubler Fritz, 1892, Baumeister in Aarau Grundbuchamt Laufenburg
4.9.1963 durch Kauf: Notter-Leber Frieda, 1915, Wirtin, Eiken Grundbuchamt Laufenburg
bis 1984 seither verpachtet Grundbuchamt Laufenburg
9.11.2004 durch Erbgang: Notter-Leber Friedas Erben Grundbuchamt Laufenburg
25.5.2005 durch Kauf:Trachsel Robert, 1939, von Frutigen Grundbuchamt Laufenburg
Spätgotische Fenster- und Türgewände
Häuserzeile

Beurteilung durch die Denkmalpflege vom 11. Juli 2013

Die nachfolgenden Ausführungen sind das Ergebnis einer Begehung vor Ort mit Frau Edith Hunziker, Kunstdenkmäler-Inventarisatorin der Kantonalen Denkmalpflege in Aarau, und Herrn Raymond Kontic, Dendrochronologe in Basel, am 11. Juli 2013. Sie stellen sozusagen das Protokoll dieser Begehung dar.

Das Hauptgebäude dürfte aus dem 16. Jahrhundert stammen. Vermutete Bauzeit vor 1563.
Indizien: Das massige Zweischalen-Mauerwerk (ca. 1 Meter Dicke rundum) und die spätgotischen Fenstergewände am Hauptgebäude.
In solchen Gebäuden ist der erste Stock normalerweise das Hauptgeschoss und war früher gleichzeitig die Gaststube. Beispiel Bären in Bözen (noch heute Gaststube im 1. Obergeschoss).

Der Treppenturm auf der Seite der Landstrasse ist später angebaut worden (vermutlich im 17. Jahrhundert).
Indizien: Turm an den Aussenputz des Hauptgebäudes angebaut (sichtbar im Bereich des Eingangs zum Estrich); abgeschrägte, wie provisorisch anmutende Zugänge zu den einzelnen Stockwerken.

Das Dach ist jünger als die Mauern des Hauptgebäudes (d.h. aus dem 18. Jahrhundert).
Indizien: Dachkonstruktion und Art der Balken (Sparrendach auf doppeltem liegendem Stuhl).
Das Dach dürfte früher etwas tiefer gelegen haben (innen sichtbar beim kleinen spätgotischen Fenster im Giebel). Dachgauben scheint es keine gegeben zu haben.

Die Scheune ist später als das Hauptgebäude erbaut worden.
Indizien: Der Mauerputz am Hauptgebäude läuft durch; die Balken des Scheunendachs sind nicht verbunden mit der Mauer.
Wahrscheinlich ist die Scheune zwischenzeitlich abgebrannt. Indizien dafür sind rötliche Verfärbungen an blossliegenden Steinen in der Aussenmauer des Hauptgebäudes auf Estrich-Niveau. Das Dachgebälk der Scheune dürfte ebenfalls aus dem 18. Jahrhundert stammen, aus der Zeit direkt nach dem Wiederaufbau der abgebrannten Scheune.
Es wird angenommen, dass immer eine Scheune neben dem Hauptgebäude stand. Das hintere Scheunentor dürfte spätestens um 1730 erstellt worden sein.
Ursprünglich gab es Durchgänge durch die Mauer des Hauptgebäudes in Richtung Scheune, auf jeden Fall ein Durchgang im ersten Stock (jetzt ein Kasten) und einer im Estrich. Heute zugemauert, bzw. aufgefüllt.

Zum Alter des gewölbten Kellers wurden keine Angaben gemacht, da dessen Lage innerhalb der Grundmauern ungewiss war. In der Zwischenzeit ist der Keller ausgemessen worden. Es zeigte sich, dass er auf drei Seiten direkt an die Grundmauern des Hauptgebäudes reicht (auf den beiden Stirnseiten und auf der Längsseite Richtung Scheune). Er belegt ziemlich genau die Hälfte der Fläche des Erdgeschosses, ist also recht gross. Unter diesen Umständen muss der Keller sehr alt sein (von Anfang an mit dem Hauptgebäude erbaut?). Der Haupteingang (breite Kellertreppe, jetzt verschwunden) befand sich auf der Seite des Zehntenstocks.

Spezielle Aufmerksamkeit wurde den noch vorhandenen spätgotischen Fenstergewänden im Hauptgebäude geschenkt: Das kleine Fenster im Giebel und das aus zwei verschiedenen spätgotischen Fenstergewänden zusammengeflickte Fenster im Laubengang des zweiten Stocks sind spätgotisch und dürften von Anfang an Teil des Hauptgebäudes gewesen sein (um 1600, eventuell früher). Die aus der grossen Mauer von Haupthaus/Scheune geborgenen Fensterfragmente sind Teile eines Fenster-Mittelpfostens und könnten ebenfalls vom Hauptgebäude stammen. Sie sind aus Kornbergstein. Die breiten und tiefen Kehlen der Pfostenfragmente sprechen für ein hohes Alter dieser Bauteile. Sie passen sehr gut in die vermutete Bauzeit des Gasthauses (vor 1563).

Die (ebenfalls spätgotischen) Fenster am Treppenturm sind zusammen mit dem Turm später entstanden (17. Jahrhundert). Das dortige Fenstergewände unterscheidet sich von den Gewänden am Hauptgebäude.

Weitergehende Abklärungen seitens der Denkmalpflege und/oder dendrochronologische Untersuchungen erübrigen sich (vorhandenes Dach- und Balkenmaterial zu jung bzw. zu wenig geeignet).

Umbauplan

Einer der Pläne für den Umbau der „Sonne“ von 1956/57, hier das Erdgeschoss. Augenfällig sind die starken Aussenmauern und die Darstellung des Treppenturms mit der alten eichernen Wendeltreppe. Gelb gefärbt sind die Bauteile, die damals entfernt wurden (also noch den alten Zustand vor 1956 darstellen), rot gefärbt die Elemente, die neu hinzugebaut wurden.
Die Pläne aller drei Wohngeschosse sind im Gemeindearchiv unter Baugesuche 1957, Stichwort Notter hinterlegt.

Wesentlich zur Substanz dieser Schrift beigetragen haben

Frau Edith Hunziker, Kant. Denkmalpflege, ihr Besuch vor Ort am 11.7.2013 (Aktennotiz auf Seite 27)

Dr. Linus Hüsser, Historiker, 5028 Ueken (das Fachgespräch vom 30.10.2014)
Werner Fasolin, 5073 Gipf-Oberfrick
Robert Trachsel, 5074 Eiken (seit 2005 Besitzer der „Sonne“)

Ihnen sei ganz herzlich gedankt für ihre wertvollen Beiträge und ihre Unterstützung.

Den Text verfasst und die Schrift zusammengestellt hat
Kurt Villinger, Bergstrasse 249, 8706 Meilen
9. Februar 2015

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