Spezieller Zaunpfahl und dessen Verwendung

Problemstellung und Ideen

In der Land- und Forstwirtschaft wurden früher Holzzäune verwendet, um Gebiete einzuzäunen und zu schützen. Wer erinnert sich noch an solche Holzzäune in Eiken? Nach dem Ersten Weltkrieg ersetzten leichtere Zäune aus Drahtgeflechten nach und nach diese alten Holzzäune. Heutzutage wird vor allem der Elektro-Drahtzaun verwendet. Diese technischen Zaunverbesserungen konnten aber nicht in allen Lagen eingeführt werden. Das Erstellen einer sinnvollen Einzäunung in den schneereichen Lagen war problematisch. Während in tieferen Lagen nebst allgemeinen Anforderungen wie Einfachheit der Anschaffung, der Errichtung und des Unterhaltes, sowohl ganzjährige als auch langjährige Verwendbarkeit und Ungefährlichkeit für Tiere vor allem niedrige Kosten eines brauchbaren Zaunes im Vordergrund standen, waren in höheren Lagen Robustheit und Dauerhaftigkeit ebenso bedeutsam. Zur Einzäunung von Weiden in den Alpen hatten sich die Stacheldrahtzäune durchgesetzt. Die Verwendung von Stacheldrahtzäunen barg jedoch sowohl technische als auch biologische Schwierigkeiten, weshalb neue Konstruktionen gefragt waren. Je nach örtlichen Begebenheiten waren unterschiedliche Bautypen in Betracht zu ziehen. Insbesondere abzubrechende und flexible Konstruktionen galt es zu untersuchen.

Zur Debatte standen die folgenden Bautypen: Demontierbare Zäune, die im Herbst als Ganzes oder in Teilstücke zerlegt ab- und im Frühling wieder aufgebaut werden konnten; abhängbare Zäune, deren Stützen durch den Schnee nicht beschädigt werden und daher ganzjährig stehen bleiben können, deren Flächenelement (z. B. Drahtgeflecht) aber vor dem Winter ausgehängt und bis zum Frühjahr oder Frühsommer möglichst an Ort und Stelle deponiert werden; abklappbare Zäune, die als Ganzes gelenkartig hangabwärts umgelegt werden können, entweder durch Menschenhand oder selbsttätig im Verlaufe des Winters durch den Schnee; federnde Zäune, die sich durch die Schneebewegung hangabwärts neigen oder ganz niederdrücken lassen, sich nach der Schneeschmelze aber selbsttätig wieder aufzurichten vermögen.

Dass neue Konstruktionen gesucht werden müssen, hat Ragaz (1951) auf Grund seiner Erfahrungen im Lawinenwinter 1950/51 wie folgt formuliert: «Sollen grosse Schaden am Material vermieden werden, so müssen Geflecht oder Draht so befestigt werden, dass bei allzu grossem Druck ein Loslösen möglich ist . . . Ein teilweises Ab- oder Umlegen gefährdeter Zaune dürfte gute Resultate ergeben.»

Versuchsorte

Als Versuchsorte kamen nur extreme Lawinengebiete mit grossem Einzugsgebiet und sicherem, alljährlichem Lawinenniedergang (eine oder besser mehrere Lawinen) in Frage. Um eine gewisse Variationsbreite im Lawinencharakter (Schneebeschaffenheit und jahreszeitlicher Niedergang) verfolgen zu können, waren verschiedene Expositionen auszuwählen, mindestens je ein ausgesprochener Sonnen- und Schattenhang. Höhenmässig sollte das Gebiet in der subalpinen Stufe liegen, die für die Forstpraxis und die Stillbergversuche besonders von Interesse war. Damit einerseits ohne störende gegenseitige Beeinflussung zehn bis zwanzig Zauntypen aufgestellt werden konnten und andererseits diese Zäune bzw. Zaunabschnitte den gleichen Lawinenbedingungen unterworfen waren, hatte die einzelne Versuchsfläche eines Lawinenzuges eine optimale Grösse aufzuweisen, in diesem Fall 50 Meter Breite auf 100 Meter Länge (in der Neigungslinie gemessen).

Innerhalb eines Lawinengebietes konnte der Versuch in die Zone der Sturzbahn, welche in der Regel die gleichmässigsten Schneewirkungen aufwies, oder in die Zone der Lawinenablagerung gelegt werden, welche höchsten und lang dauernden Gewichtsbelastungen garantierte. Schliesslich sollte das Versuchsgebiet auch im Winter zeitweise zuganglich sein, stets leicht beobachtet und nicht durch versuchsfremde Einflüsse gestört werden können sowie für Materialtransport und Zaunmontage nicht allzu ungünstig gelegen sein. Mit dieser Zielsetzung wurden für den Zaunversuch im Raume Davos folgende drei Versuchsparzellen ausgewählt: «Breitzug » Davos Glaris, «Wildi» Davos Dischma und «Züge» Davos Klosters.

Vorgehensweise

Im Rahmen eines Forschungsprogrammes für Hochlagen führten die Schweizerische Anstalt für das forstliche Versuchswesen und das Schweizerische Institut für Schnee- und Lawinenforschung auf dem schneereichen und Lawinengefährdeten Gebiet Stillbergalp/Dischmatal (bei Davos) u. a. Aufforstungsversuche an der potentiellen Waldgrenze durch. Aus technischen Gründen kam nur eine Abschrankung in Frage, die einerseits vom Schnee überfahren werden konnte, ohne ernsthafte Beschädigung zu erleiden, und andererseits wenigstens während Perioden mit niedriger Schneedecke und zur Zeit des Ausaperns wirksam blieb. Es bestand das dringende Bedürfnis nach flexiblen Zauntypen.

Während vier Wintern wurden Erfolg und Misserfolg verschiedener Bauelemente und Zaunsysteme festgestellt und die statisch-dynamische Beanspruchung sowie die Zweckmässigkeit der Konstruktionen geprüft. Das jedes Jahr anfallende und noch brauchbare Versuchsmaterial wurde laufend für die Einzäunungen in der Landschaft Davos benützt, bei welcher Gelegenheit einige transporttechnische und bautechnische Fragen, die Dauerhaftigkeit sowie die Kostenseite und die Verwendbarkeit der Zaunsysteme in der forstlichen Praxis untersucht werden konnten.

Team

Mitgearbeitet am Zaunversuch hat ein kleines Team. W. Federer hat sämtliche Feldarbeiten inklusive Vermessungen ausgeführt und die über tausend Konstruktionsdetails studiert und beurteilt, während für die Planung und detaillierte Leitung R. Kuoch die Verantwortung trug. In engem gegenseitigem Kontakt wurde versucht, die angestrebten Entwicklungen und Verbesserungen zu erreichen. Als Forstleute waren aber beide Bearbeiter an der Mitwirkung eines Fachmannes für Maschinenbau interessiert, der Materialuntersuchungen vornahm und die Konstruktionen überprüfte.

Diese Sparten übernahm J. R. de Fries, damals Assistent der Abteilung Metallische Bau- und Werkstoffe der EMPA (Eidgenössische Materialprüfungs- und Versuchsanstalt). Für die Herstellung und Weiterentwicklung der einzelnen Zaunelemente war eine intensive Mitwirkung des Gewerbes unerlässlich. Die Herren A. DinkeI (der Firma E. Dinkel, Drahtwaren und Drahtflechterei, Eiken AG) und R. Dinkel (der Firma K. Dinkel, Schlosserei und Eichstätte, Eiken AG) haben öfters auch kurzfristige Lieferungen übernommen. Der Forstingenieur H. In der Gand vom Eidgenössischen Institut für Schnee- und Lawinenforschung Weissfluhjoch, Davos, entwickelte zur Schneehöhenmessung in Lawinengebieten bereits Schneepegelgelenke

Zweck und Ziel des Versuches

Die Schweizerische Anstalt für das forstliche Versuchswesen und das Schweizerische Institut für Schnee- und Lawinenforschung führen im Rahmen eines Forschungsprogrammes für Hochlagen auf dem schneereichen und Lawinengefährdeten Gebiet Stillbergalp/Dischmatal (bei Davos) u. a. Aufforstungsversuche an der potentiellen Waldgrenze durch. Wild und Weidevieh werden bei Saat- und Pflanzversuchen als ökologische Faktoren behandelt. lhr Einfluss wird auf die Weise erfasst, dass von den rund  10 Hektaren Versuchsflache 71/2 Hektaren durch Einfriedung der Beäsung und Beweidung entzogen bleiben. Da unterhalb der Stillbergalp keine Siedlungen oder Verbindungen durch Lawinen bedroht werden und da die Versuchsflache Stillberg ein Experimentierfeld darstellt, sollen, mindestens in einigen wenigen Zügen (Hangrinnen), weiterhin Lawinen niedergehen können. Aus vorab technischen Gründen kam eine derart hohe und widerstandsfähige Abschrankung, die einen absoluten Schutz (bei jeder Schneehöhe und allen Schneebewegungen) gewahren kann, zum vornherein nicht in Frage, sondern nur eine solche, die einerseits vom Schnee überfahren werden kann, ohne ernsthafte Beschädigung zu erleiden, und andererseits wenigstens wahrend Perioden mit niedriger Schneedecke und zur Zeit des Ausaperns wirksam bleibt. Somit musste von Anfang an in Kauf genommen werden, dass nur die jungen aber empfindlicheren Forstpflanzen vollen Schutz geniessen werden, die älteren dagegen, die häufig eine Schneedecke von 1bis 2 m überragen, nur einen partiellen. Mauern oder Graben mit Auswurfwallen fielen auf Stillbergalp des schlechten Baugrundes wegen (lockerer Steilhangschutt) ebenfalls ausser Betracht. Es bestand daher das dringende Bedürfnis nach ab klappbaren bzw. flexiblen Zauntypen. Um grössere Tiere (und die Menschen) vom engeren Versuchsgebiet nach Möglichkeit abhalten zu können, sollten nur unter strengen Bedingungen erprobte Elemente eingesetzt werden. So wurde vorgängig ein Zaunversuch ausserhalb der Stillbergalp angeordnet. Wir bemühten uns, in extremen Lawinencouloirs und Schneeablagerungsgebieten während vier Wintern in erster Linie Erfolg und Misserfolg verschiedener Bauelemente und Zaunsysteme festzustellen, ferner die statisch-dynamische Beanspruchung sowie die Zweckmässigkeit der Konstruktionen zu prüfen. Das jedes Jahr anfallende und noch brauchbare Versuchsmaterial wurde laufend für die Einzäunungen der Versuchsflachen in der Landschaft Davos  (Stillberg, Fopp, Rudolf ) benützt, bei welcher Gelegenheit einige transporttechnische und bautechnische Fragen, die Dauerhaftigkeit sowie die Kostenseite und die Verwendbarkeit der Zaunsysteme in der forstlichen Praxis untersucht werden konnten.

Das Patent

Aus dieser Arbeit entstand das nachfolgend ersichtliche Erfindungspatent.

Text aus dem Buch

Schweizerische Anstalt für das forstliche Versuchswesen
Mitteilungen
Herausgeber: Prof. Dr. A. Kurth, Direktor
Band 40 Heft 4 1964

Erfasst durch Peter Dinkel.

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